Kurze
Geschichte des "Camino de
Santiago"
(Jakobsweg)
Um 813 wurde in
Galizien ein Grab mit
einem Leichnam entdeckt, das man für die Reliquie des
Apostels
Jakobus
hielt, des Bruders Johannes des Evangelisten. Obwohl die
Herkunft des
gefundenen
Grabes zweifelhaft war, glaubte man, es sei das des heiligen
Jakobus,
denn
als man es freilegte, erschien ein Lichtstrahl als Zeichen
Gottes
(dass zu heiße Temperaturen vielleicht die Ursache einer
Sinnestäuschung waren, wollen wir mal großzügig
ausschließen). An
dieser
Stelle wurde eine Kirche und ein Kloster gebaut, Santiago de
Compostela
war geboren. Bis heute werden in Santiago Knochen und Reliquien
täglich
von vielen Menschen verehrt. Die Situation
in Spanien war in der Zeit
so, dass die Iberische Halbinsel, vorher von christlichen
Westgoten
bewohnt, seit
713
von den Mauren erobert war, außer der Norden mit Galizien,
Asturien
und Navarra. Die Mauren waren schon bis Frankreich vorgedrungen
und
wurden
732 in Tours und Poitiers geschlagen. Im Jahre 751 wurden sie
endgültig
durch Pipin III. (den Kurzen) aus Frankreich vertrieben und sie
zogen
sich
auch aus dem Norden Spaniens zurück. Dafür blühte
der
Süden
unter den Mauren auf und wurde ein Hort der Dichtung und der
Kunst, von
der heute noch die prächtigsten Bauten in Granada, Cordoba
und
Sevilla
Zeugnis geben.
Die Reconquista
(Rückeroberung) wird
schon ab 722 datiert, wo Christen das erste Mal eine Schlacht
gegen die
Mauren in den asturischen Bergen gewannen. Heute sagen einige
Historiker,
dass die Reconquista nur möglich war, weil die Mauren
untereinander
zerstritten waren, vielleicht wären die Araber sonst viel
weiter
in
den Norden Europas vorgedrungen. Alte Gegnerschaften in
Nordafrika
zwischen
den syrischen Omajjaden und den Nachfolgern Mohammeds, den
Haschemiden,
spielten eine große Rolle. Im Jahre 749 wurde Damaskus
erobert
und
fast alle Omajjadenfürsten ermordet. Einer, der dem
Massaker
entkam,
war Adr ar-Rahman, er gelangte nach Spanien, gründete eine
Armee,
schlug den Kalifen von Bagdad und gründete "Al Andaluz"
(Andalusien).
Die erste
wichtige Schlacht gegen die
Mauren wurde 844 in Clavijo gewonnen. Der Überlieferung
nach
verdankte
man den Sieg dem heiligen Jakobus, denn er erschien zur rechten
Zeit
auf
einem weißen Pferd und stand den Christen bei. Das hatten
die
Mauren
nun davon, dass sie sich über andere lustig machten. Sie
amüsierten
sich nämlich darüber, dass die Christen Knochen
anbeteten,
deren
Zuordnung ziemlich zweifelhaft war.
Die Reconquista
schritt langsam, aber
sicher voran. Viele Schlachten wurden geschlagen, wobei nach der
Aufteilung
des maurischen Reichs in viele kleine die Uneinigkeit unter den
maurischen
Herrschern noch größer war und von den Christen
genutzt
wurde.
Nicht selten machte der eine maurische Herrscher gemeinsame
Sache mit
den
Christen gegen einen anderen maurischen Herrscher, allerdings
auch
umgekehrt. Das letzte maurische
Sultanat, Granada, fiel 1492 nach zweijähriger Belagerung.
Die
Macht
der
Mauren in Spanien war damit endgültig gebrochen. Die dort
lebenden
Araber wurden entweder ermordet, vertrieben oder viele von ihnen
nahmen
den christlichen Glauben an. Diejenigen, die besser unter den
Mauren
gelebt
hatten, waren die Juden. Diese wurden nach dem Sieg über
die
Mauren
ab 1493 sämtlich aus Spanien vertrieben und verteilten sich
auf
ganz
Europa, Kleinasien und Nordafrika. Sogar im entfernten Hamburg
gab es
später
eine beachtliche jüdisch-sefardische Gemeinde.
Gleich
anschließend spielte sich eins der
größten
Tragödien der Menschheitsgeschichte ab: Die Eroberung
Amerikas.
Während
die Mauren als Eroberer ihren Untertanen meist ihren Besitz und
ihren
Glauben
ließen (sie trieben lieber Geld ein), zwangen Katholiken
den
eroberten Völkern ihren
Glauben
auf, vertrieben sie oder töteten sie. Die spanischen
Katholiken
waren über
viele
Generationen vernichtende und kompromisslose Kämpfe gegen
die
Mauren
gewöhnt. So ist es klar, dass die Spanier auch in Amerika
kein
Arrangement mit den Eingeborenen kannten. Durch die
jahrhundertlangen
Kämpfe gegen die Mauren waren sie in kriegerischen Fragen
erfahrener, robuster, verwegener
und besser ausgerüstet als die indianischen Völker.
Schon Kolumbus betrachtete die Ureinwohner der entdeckten Inseln
nur als Untermenschen. Er erklärte die Gebiete einfach zum
Eigentum der Spanischen Krone und sich selbst zum Gouverneur
derselben, obwohl die Inseln eindeutig bewohnt waren.
Leider eroberten die Spanier
nicht nur
nach und nach ganz Amerika, sondern sie vernichteten fast
komplett die indianische Kultur.
In diesem Sinne hatte das Gelingen der Reconquista
einschneidende
und verheerende Folgen für die eroberten Völker
Amerikas und
letztlich auch
für
die spätere europäische und amerikanische Geschichte.
Der heilige
Jakobus wurde lange Zeit als
Pilger dargestellt, es gibt unzählige Darstellungen.
Später
sah
man ihn auch oft als Maurentöter (Matamoros). In vielen
Kirchen in
Nordspanien kann man Jakobus als Maurentöter sehen,
manchmal auch
recht makaber dargestellt, z.B. gütig lächelnd und
dabei
Mauren den
Kopf
abschneidend.
Santiago de
Compostela wurde nach Rom
und Jerusalem zur dritten großen Pilgerstätte. Seit
einigen
Jahren ist der Jakobsweg, besonders der "camino francés"
in
Nordspanien
über Pamplona, Burgos, León und Astorga touristisch
in Mode
gekommen.
Der heilige Jakobus als Pilger
Der heilige Jakobus als
Maurentöter
Pilger
auf
dem Jakobsweg
Zum Seitenanfang "Naranjas y limones" von Julio
Romero de Torres (Dieses Bild findet man
überall
in Cordoba)